Inselreich Melekahrt
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Sharia


Priesterin Ursafiels

Man sagt, Gott ist man in der Wüste am nächsten. Oben, auf den Dünen, weitab dem irritierenden Grün und dem Gelb der Basaltwände der Städte kann man Seine Gegenwart spüren.

Hier findet er sich in der reinsten Form wieder, zeigt all die Attribute, weswegen er gefürchtet und geliebt wird. Schmerz, Schönheit - und Tod. Nirgends spürt man dies mehr als hier.

Karawanen meiden die Wüste, wenn es andere, wenn auch längere Wege für sie gibt. Ihr Herz, der schwarze Sand ist Sein gebiet, Sein Refugium. Seinen Namen sprechen sie im gebet aus und er klingt nach Verzweiflung, sprechen sie ihn im Sand aus, um den Winden und der Hitze zu entkommen.

Ich bin zu ihm gekommen. Ich habe keinen Weg gesucht - mein Weg führte mich direkt zu ihm. Er rief mich.

Jetzt trage ich nichts bei mir außer den dünnen Leinenkleidern, die ich heute morgen überstreifte. Wasserbeutel, Dolch, Proviant; nichts davon habe ich bei mir. Er sagte mir, dass ich zu ihm kommen solle, mit nichts anderem als mir selbst. Und seine Stimme war so gebieterisch und laut, so süß, dass ich seinen Befehl nicht in Frage stellte.

Die gesamte Reise lang, während jedes Schrittes, der mich näher an den schwarzen Sand brachte, war ich gefangen in der Erinnerung an Seine Stimme. Sie klang in meinem Kopf nach, nachdem sie die ganze Nacht in meinen Träumen umhergeirrt war. Ich wusste, dass Er es war, der zu mir sprach und dass es mein Schicksal war, ihn zu hören. Gedient hatte ich ihm schon immer; jetzt würde ich meine Bestimmung vollkommen erfüllen.

Stundenlang bin ich bereits gewandert. Die Sonne steht hoch und weder Wolke noch Wind schaffen mir etwas Erleichterung. Ich gehe starr weiter, die Zunge am Gaumen klebend. Mein Körper fühlt sich schwer an und die Kleidung ist Schweiß durchtränkt. Aber ich gehe weiter und zweifle nicht. Leid, Schmerz - Ursafiel verlangt viel von denen, die ihm folgen aber ich bin mir sicher, dass er Gründe hat mich zu sich zu rufen. Was andere um mich herum schreckt, lockt mich nur. Ich fürchte weder Tod noch Schmerz.

Schönheit - vielleicht fürchte ich Schönheit. Seine Schönheit. Warum sonst hat er mir sein Gesicht nicht offenbart? Warum nur diese Stimme?

Ich bemerke kaum, dass es Nacht wird. Erst als die Hitze durch beißende Kälte ersetzt wird, fällt mir die Dunkelheit auf. Wo vorher noch die Sonne meinen Körper gequält hat, frisst sich nun die Kälte in meine ausgezehrten Muskeln und die spröde Haut. Aber ich zwinge meine Füße weiter, muss mehr Schritte in den glatten Sand graben. Ich muss mein Ziel erreichen. Die Zeit verschwimmt. Stunden? Tage? Es wird heiß und wieder kalt. Wie oft?

Als der Morgen graut, erreiche ich eine Düne. Ich sacke in die Knie, weil meine Beine mir den Dienst versagen und falle vorn über. Mein Gesicht brennt und ich zwinge mich, die verklebten Augen zu öffnen. Es ist dunkel, obwohl die Sonne ihre roten, gierigen Arme nach mir ausgestreckt hat. Mühsam stemme ich mich hoch. Es ist dunkel, weil ich auf schwarzen Sand starre. Schwarzer Sand. Sein Reich.

Die Müdigkeit verschwindet, der Schmerz, mein ständiger Begleiter bis hierher, verlässt mich und ich bin allein. Seine Stimme klingt plötzlich in meinem Kopf. Mein Geist wird ruhiger. Ich lächle sogar, lausche Seinen Worten. Er spricht von der Wüste, vom Beginn und vom Ende. Von seinem Weg und seinen Aufgaben für mich. Ich lausche sehr lange und je länger ich ihm zuhöre, desto sicherer werde ich. Ich weiß, dass ich endlich angekommen bin, auch wenn er einen neuen Pfad für mich öffnet.

Als er endet, beuge ich mich vor. Der schwarze Sand vor meinen Augen verändert sich, bewegt sich. Ich sehe Ursafiel an.

Und von da ab kann mich auf dieser sterblichen Welt nichts mehr schrecken.